WestEnd DVD-Katalog/ Doku
2 Punkte von Björn Siebert:
Errol Morris, "The Fog of War" war ein kluger und aufs wesentliche konzentrierter Dokumentarfilm, deswegen durfte man gespannt auf den nächsten Streich sein. Das warten hat sich erledigt. Standard Operating Procedure ist eines dieser hochambitionierten Projekte, jedoch ist zu vermuten: Hätte Erro Morris diesen Film nicht gemacht, irgend ein anderer Dokumentarist hätte sich dem Thema angenommen. Es ist natürlich interessant Lynndie England und den anderen Soldaten aus Abu Ghuraib zuzuhören, somit ist SOP ein inhaltlich wichtiger Beitrag zur Aufarbeitung eines der größten Folterskandale in die US-Amerikaner verwickelt waren. SOP spricht die Normalität dieser Verhör- und Folter-Vorgänge (SOP: Standardvorgehensweise, ist eine Arbeitsanweisung, welche das Vorgehen innerhalb eines betrieblichen Arbeitsprozesses beschreibt) beim Krieg gegen den Terror an und serviert im nächsten Augenblick die Skandalbilder dem fassungslosen Zuschauer. Morris versucht anhand der Bilder die Geschichte, die zu den Bildern führte, zu ergründen. Das gelingt ihm hauptsächlich durch einen Interviewpartner, der die Bilder für die Staatsanwaltschaft auswerten musste. Auch die Soldaten und Hobbyfotografen geben bereitwillig Auskunft. So weit so gut. Nun muss man beim heutigen Dokumentarfilm ja auch immer von der Ästhetik sprechen und da haut Morris total daneben. Seine Interviewpartner wurden in einen stahlgrauen Raum gesperrt der von den Worten ablenkt, die Abu-Ghuraib-Bilder schlecht aufbereitet und die Digitalmontagen nerven gewaltig. Das schlimmste sind jedoch die nachgedrehten Spielfilmsequenzen, die einerseits von Hollywood beeinflusst, düster und bedeutungsschwanger in den Film montiert wurden, andererseits eine Fersehästhetik verraten, als hätte Pro 7 das Ding als Eigenproduktion fertiggestellt. Die komplette voyeuristische Befriedigung durch die Spielfilmszenen ist sowieso nicht die richtige Einstellung. Hier hätten die Originalbilder vollkommen genügt. Morris aber will zu viel und verstrickt sich unweigerlich in einen apokalyptisch bebilderten Gewaltporno. Zum Glück kriegt Morris noch gerade so die Kurve, seine dokumentarischen Momente können sich gegen das Spielfilmkino behaupten, der Film ist außerdem ganz gut geschnitten. Unerträglich ist jedoch das kitschige Gedudel von Danny Elfman, wofür es nur ein Wort gibt: Folter. Solche Musik hat in einem ernsten politischen Film nichts zu suchen. Man sollte das dem Roten Kreuz mitteilen.
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