4 Punkte von Lars Tuncay:
Dass die Schweden Meister der Spannung sind, dürfte nicht erst seit „Wallander“ bekannt sein. Vor allem auf dem Buchmarkt tummeln sich eine Vielzahl Serien fesselnder Literatur. Einer der erfolgreichsten Vertreter ist Stieg Larssons „Millennium“-Trilogie, die nun den Weg auf die große Leinwand fand.
Protagonist in allen drei Teilen ist Mikael „Kalle“ Blomkvist, ein Politjournalist, der aufs Glatteis geführt wurde und seinen Schreibtisch bei der Tageszeitung „Millennium“ räumen musste. Durch den Skandal werden an unterschiedlichen Orten zwei Menschen auf ihn aufmerksam: der Großindustrielle Henrik Vanger, der Blomkvist einen Job anbietet, und die Hackerin Lisbeth Salander, von deren Existenz er noch nichts ahnt. Blomkvist reist in den frostigen Norden Schwedens, wo der Familienclan der Vangers seit Generationen auf einer abgeschiedenen Insel lebt. Der Auftraggeber Henrik möchte an seinem Lebensabend endlich das rätselhafte Verschwinden seiner Enkelin Harriet klären, das bereits viele Jahrzehnte zurückliegt. Sicher ist nur, dass jemand aus der Familie mit der Tat zu tun hat. Blomkvist macht sich auf die Suche nach längst verwischten Spuren und erfährt dabei unerwartet Hilfe aus der Ferne.
Dreckig-düster ist die Welt aus Korruption, Mord und perversen Machtphantasien, die Stieg Larssen entwarf. Regisseur Niels Arden Oplev findet adäquate Bilder in Blau und Grau für seine Worte und verschont den Zuschauer dabei nicht. Unter der Oberfläche des Krimis schlägt das Herz eines Polit-Thrillers. „Verblendung“ bildet den Auftakt einer anspruchsvollen, schonungslosen Abrechnung mit der Gesellschaft die der engagierte Journalist und Autor Larssen kur vor seinem frühen Tod veröffentlichte. Teil zwei und drei sind bereits abgedreht und folgen 2010.
5 Punkte von Florian:
Verblendung - Diese etwas willkürlich gewählte Titel wird dem schwedischen Original (Männer, die Frauen hassen) nicht gerecht und führt zunächst die Erwartungen in die Irre. Aber das muss bei einem Film wie diesem nicht schlecht sein. Stieg Larsson hat die Geschichte im Mikael Blomquist, den Enthüllungsjournalisten ursprünglich auf 10 Teile angelegt, leider ist er nach dem dritten (vierter und fünfter Tiel liegen fragmentarisch vor) gestorben.
Alles was uns am mainstream thriller so nervt (vorhersehbare Handlung, eindimensionale Figuren, Effekthascherei) könnt ihr hier getrost vergessen: Verblendung ist eine Geschichte, die so sperrig und selbstbewusst daher kommt, wie eine Rentierherde auf einer schwedischen Fernstraße: Auf einmal aus dem Nichts da und danach nicht mehr wegzudenken.
Das Zentralgestirn ist jedoch die gleichermaßen irre wie geniale Lisbeth Salander, die unsere Empathie schnell an alle möglichen Grenzen bringt. Wunderbar besetzt verleiht sie dem Film (wie dem Buch) eine Einprägsamkeit, die seit den Zeiten des film noir eigentlich als ausgestorben gilt.
Der Film ist nichts für schwache Nerven, insbesondere die Übergriffe auf die zarte und gleichzeitig faszinierend widerstandsfähige weibliche Hauptfigur bleiben lange auf der Netzhaut.
"Verblendung" ist der erste von drei Teilen. Ihr werdet die Fortsetzungen herbeisehnen.
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