5 Punkte von Stefan Senf:
Britische Historienfilme sind Garant für geschliffene Dialoge und überdurchschnittliche Schauspielerleistung - dieses Soll erfüllt natürlich auch Charles Jarrotts großartiges Drama. Allerdings besitzt es kaum etwas von der typischen intellektuellen Kühle dieses Subgenres. Mag sein, dass dem Effekt einiges an Authentizität geopfert wird (Elisabeth und Maria sind sich nie begegnet, auch wenn ihr persönliches Treffen im Film für ein brillantes Rededuell und ordentlichen emotionalen Sprengstoff sorgt), aber dafür wachsen dem Zuschauer die Figuren mehr ans Herz als in vergleichbaren Epen wie "Beckett". Zum großen Teil zeichnet dafür die wundervolle Musik von John Barry verantwortlich, die unübersehbare Ähnlichkeiten aufweist zu seinem James-Bond-Soundtrack "Diamantenfieber" (der ungefähr zur gleichen Zeit entstand) und trotzdem nicht anachronistisch wirkt. Es gibt übrigens noch eine weitere Bond-Parallele: Marias weichlicher, boshafter und feiger zweiter Ehemann wird gespielt von Timothy Dalton, der 16 Jahre später zum (glücklosen) 007 wurde und bereits damals zur Diskussion stand (blond und jammernd kann man ihn allerdings erst auf den zweiten Blick identifizieren). Zusätzliches Schmankerl ist die exzellente Synchronisation, die mit messerscharfen Dialogen und brillanten Schauspielern aufwartet (besonderes Highlight: die Todesszene von Ian Holm, in der Wolfgang Draeger sich von einer ganz anderen Seite zeigen kann als man von Woody Allens Stammsprecher gewöhnt ist). Wer Action sucht, ist hier falsch, wer sich aber an schauspielerischen Meisterleistungen und intelligenten Dialogen erfreuen kann, dem sei dieser Film nachdrücklich ans Herz gelegt - das Fernsehen zeigt ihn viel zu selten (und dann noch in viel schlechterer Tonqualität).
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