5 Punkte von Björn Siebert:
Klar 193 Minuten Rivette sind eine Herausforderung. Nur wer "Celine und Julie fahren Boot" nicht gesehen hat, hat leider auch Großes verpasst. Ich denke man darf diesen Film durchaus in kleinen Etappen geniessen, magisch ist er, durchtrieben, außergewöhnlich und echt ganz schön lang. Zwei junge Frauen, Bibliothekarin die eine, Zauberin die andere, erlösen ein Mädchen aus ihrem tragischen Schicksal, das es Tag für Tag in einem verzauberten Haus durchleiden muss. Gelegentlich wird »Céline und Julie« verglichen mit Lewis Carrolls »Alice in Wonderland« – hier wie dort werden nicht alle Rätsel gelöst, von einem wie von anderen geht ein Zauber aus, den sich Leser beziehungsweise Zuschauer schwer entziehen können. Ist aber auch wirklich egal, bis der Film überhaupt erst zum verwunschen Haus findet, hat sich der filmische Zauber schon über einen ergossen. Später dann dürfen wir eine wunderbare Zeitschleife geniessen, die sicher auch auf David Lynch einige Auswirkungen gehabt haben dürfte. Der Hausherr im "Spukhaus" ist im übrigen kein geringerer als Barbet Schroeder, später selbst Regisseur und langjähriger Produzent und Freund des allseits geschätzten Eric Rohmer. Eine echte Wundertüte und ein Meisterwerk der eigentlich längst schon gestorbenen Nouvelle Vague. Aber so ist er halt, der Rivette, ein waschechter Geisterfilmer. Hier steigt selbst die Nouvelle Vague für einen letzten Todestanz aus dem düsteren Grab.
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